Aktionsfelder

Spieltheorie praktisch: Die Aktionsfelder

“Mit Aktionsfeldern bezeichne ich definierbare Lebensbereiche von Menschen, um nicht immer alles und alle Bezüge mit aussagen zu müssen. Doch lassen wir uns von dieser Möglichkeit, sich zu verständigen, nicht zu der Idee verführen, als sei das Individuum in diesen Bereichen jeweils ein anderes! Anders ausgedrückt: Die Aktionsfelder sind keine aus der Persönlichkeit des Menschen ausgegrenzten Bezirke. Wer dies meint, reduziert Menschen auf Funktionen. Wer Menschen unabhängig von ihrer Gesamtpersönlichkeit betrachten will mit Hilfe der definierten Aktionsfelder, zwingt das Gegenüber in Schablonen, die keinen Aussagewert haben.

Das ist also die eine Möglichkeit, Menschen in ihren Beziehungen nach draußen zu verwirren: Der Versuch einer Aufspaltung der Persönlichkeit (im Bild: seines Persönlichkeitskernes), sozusagen Kernspaltung zu betreiben - gemeint ist damit die Idee, man könne sich ein Individuum ohne seine Einheit, symbolisiert im Begriff Persönlichkeitskern, als ein sich je nach Aktionsfeld unabhängig von seinen unterbewussten Strukturen verhaltendes Wesen vorstellen und ihm dann ggf. für Verhalten dort auch noch Tips oder Ratschläge geben. Die andere Möglichkeit ist der Versuch einer Kernfusion - gemeint ist damit die Idee, ein Mensch könne sich so nach draußen einpassen, dass eine Irrtumsfähigkeit in den so gestalteten Beziehungen ausgeschlossen bliebe. Diese Idee findet sich in der zwischen Menschen organisierten Symbiose, manchmal mit dem Etikett “Zusammenleben” versehen, was eher dem Zusammenbruch des gesunden Menschenverstandes gleichkommt, da die inneren Strukturen des Individuums sofort in Not geraten, wenn draußen der äquivalente Ausgleich fehlt. Angewiesenheit auf Außenimpulse wird gewandelt in Abhängigkeit.

Was aus der Weite, aus dem unendlichen Raum dessen, was als “leben” widerfährt, auf das Individuum dringt, sind Herausforderungen, Aufgaben des Alltags, denen gegenüber jeder Mensch eine Stellungnahme abgibt - durch seinen Umgang mit ihnen. Um diese Aufgaben theoretisch klarer darstellen zu können, teilen wir sie in 5 Bereiche ein, die jedoch untereinander stets in Beziehung stehen. A.Adler “hat die drei Lebensaufgaben: Beruf, Liebe und soziale Eingliederung als Repräsentanten aller Forderungen nach menschlicher Gemeinschaft angesehen ... Es scheint aber, dass wir daneben noch zwei andere Lebensaufgaben kennenlernen müssen: die Beziehung des Menschen zu sich selbst und die Beziehung zum Weltall, zur Bedeutung menschlicher Existenz im transzendentalen und spirituellen Bereich” (R.Dreikurs “Grundbegriffe der Individualpsychologie”, 1969, S.154).

Der Umgang mit den Aktionsfeldern wird vom Lebensstil her orientiert. Menschen entscheiden selbst, wie sie mit ihnen umgehen. So sagt ihr Verhalten etwas aus über ihre unterbewusste Lebenseinstellung. Nicht das, was Menschen bewusst möchten und als “ich will” oder im Bezug auf die Vergangenheit als “ich wollte doch” formulieren, gibt Aufschluss, sondern das, was Menschen tatsächlich tun und mit welchen Empfindungen sie ihr Tun begleiten. Das Individuum wird dort aktiv sein, wo es sicher ist, mit seinen Methoden die gewünschten Erfolge zu erzielen. Es wird ausweichen oder passiv abwartend verharren, wo es diese Sicherheit nicht hat. Deshalb ist es verständlich, dass Menschen in der scheinbar gleichen Situation der gleichen Lebensaufgabe unterschiedlich agieren: Keine Situation ist jemals wie die andere, und die subjektive Wahrnehmung wechselt ihren Blickwinkel je nach situativem Zusammenhang, den das Individuum herstellen will. Es scheint die Regel zu sein, dass Menschen sich der Lebensaufgaben zu bemächtigen versuchen, um sich durch sie entsprechend den unterbewussten Vorstellungen ihrer Lebensstile eine Existenzberechtigung zu verschaffen. Hier liegen die großen Gefahren für den Missbrauch der Lebensaufgaben. Sie werden allzu leicht nicht als Felder gesehen, auf denen Sinn durch Annahme und Hingabe als Effekt erfahren werden kann, sondern als Möglichkeiten, sich im Sinne der eigenen Selbstvorstellung darzustellen - man nennt das dann “Selbstverwirklichung”, als ob es noch eigenen Tuns bedürfe, um wirklich zu sein.

Aufgrund der Einzigartigkeit jedes Individuums ist es dessen wesentliche Aufgabe, sich verständlich zu machen, also bewusst einen Einklang zu ermöglichen im emotionalen, aktiven und verbalen Umgang mit dem, was aus der Weite auf das Individuum eindringt. Nicht nur Kinder sind in ihrem Verstehensprozess darauf angewiesen, dass das Gesagte auch mit dem Verhalten (also mit der Körpersprache) und der emotionalen “Begleitmusik” übereinstimmt. Widersprüche führen zwangsläufig zu Missverständnissen, die unterbewusst häufig genug sogar intendiert sind. Im folgenden möchte ich auf einige Besonderheiten der einzelnen Bereiche eingehen.”

(Siebel W. A., Gemeinschaft und Menschenrecht, 2. Aufl., S. 214 ff, ISBN: 3-89379-124-8)

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